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Werftenkrise: Ein Traditionsstandort im Dauertief
von Thomsen / Foerde.news
Flensburg - Die Krise der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) und der Nobiskrug-Werft hat sich über Jahre hinweg verschärft. Übernahmen, Insolvenzen und Sanierungsversuche konnten den Traditionsstandort bislang nicht nachhaltig stabilisieren. Mit der erneuten Insolvenzeröffnung im Dezember 2024 erreichte die Situation einen neuen Tiefpunkt. Eine Chronologie der Ereignisse zeigt, wie sich die Probleme immer weiter zuspitzten.
Neuanfang 2014
Bereits 2014 schien ein Neuanfang möglich. Die Übernahme der FSG durch die norwegische Siem Industries Inc. wurde angekündigt und am 2. November 2014 schließlich vollzogen. Geschäftsführer Peter Sierk zeigte sich damals optimistisch: „Ich freue mich für unsere Werft, dass die Verhandlungen der vergangenen Wochen die Übernahmeabsichten bestätigt haben und zu einem positiven Ergebnis geführt haben.“ Unsere Werft hat nun mit Siem Industries wie erwartet endgültig einen neuen Eigentümer bekommen.“ Kristian Siem selbst erlangte einen Sitz im Aufsichtsrat und brachte sein internationales Netzwerk und Branchenwissen ein. Die Übernahme wurde als Chance bewertet, die FSG vor allem im Offshore-Bereich wettbewerbsfähiger zu machen. Sierk versicherte: „Wir befinden uns nun mehr in einer hervorragenden Entwicklung, um vor allem im Offshore-Markt weitere Akzente zu setzen.“
Erneute Insolvenz 2020
Doch der Optimismus währte nur kurz. Bereits 2020 musste die FSG Insolvenz erneut anmelden. Diesmal trat Lars Windhorst, Gründer der Tennor Holding, als Retter auf. Mit ambitionierten Plänen und der Unterstützung des Insolvenzverwalters Dr. Christoph Morgen versuchte er, das Unternehmen zu sanieren. „In diesen schwierigen Zeiten, in denen vieles im Umbruch ist, ist es für mich wichtig, zur FSG und zu den Mitarbeitern zu stehen“, erklärte Windhorst damals. Doch trotz anfänglicher Stabilisierung konnten die wirtschaftlichen Probleme nicht langfristig gelöst werden.
Krise 2024
Die nächste Krise folgte 2024. Am 5. Juni 2024 wollte Lars Windhorst auf einer Pressekonferenz in Flensburg den aktuellen Stand der Werften erläutern. Doch die Veranstaltung wurde von einem Haftbefehl überschattet, den das Amtsgericht Hannover gegen ihn angezeigt hatte, um seine Mitwirkung in einem Verfahren zu erzwingen. Der Haftbefehl wurde vorläufig ausgesetzt, doch Windhorst nutzte die Gelegenheit, um sich aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen. Gleichzeitig kündigte er an, Kapital für den laufenden Betrieb bereitzustellen – jedoch mit klaren Prioritäten. „Das Geld wird nicht wahllos verteilt“, betonte er. Das einzige größere Projekt in Flensburg sei der Bau einer Fähre für den australischen Kunden Searoad, mit einem weiteren Schiff in Aussicht.
Die neue Führungsspitze unter Robert Fischer von Mollard und Michel Bollmann sollte nun die Geschicke der Werften leiten. Betriebsrat und IG Metall reagierten jedoch zurückhaltend auf Windhorsts Ankündigungen. Zu oft wurden in der Vergangenheit Versprechen gemacht, die nicht eingehalten wurden.
Keine Löhne
Bereits Anfang 2024 wurden die Löhne nicht bezahlt, diese Nichtzahlung zog sich dann über das ganze Jahr hinweg.
Im Oktober sorgten verspätete Gehaltszahlungen für Unruhe unter den 530 Beschäftigten an den Standorten Flensburg und Rendsburg. Im Dezember eskalierte die Situation: Die November-Gehälter blieben aus, ebenso das Weihnachtsgeld, das rund 55 Prozent eines Monatslohns ausmachte. „Wir haben immer noch keinen Gehalt für November erhalten“, berichtete ein Mitarbeiter gegenüber Förde.news. Die Unruhe wuchs, und das Vertrauen in die Unternehmensführung schwand.
Dritte Insolvenz innerhalb 10 Jahren
Am 12. Dezember 2024 wurde schließlich erneut ein Insolvenzverfahren eröffnet. Die Flensburger Landtagsabgeordnete Catharina Nies (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßte diesen Schritt: „Nachdem Herr Windhorst Novembergehalt und Weihnachtsgeld nicht gezahlt hat, waren alle in Wartestellung. Jetzt ist die Insolvenz gerichtlich eingeleitet. Das ist ein großer und ernster Schritt, aber er war überfällig.“ Sie betonte die Notwendigkeit schneller Unterstützung, während Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Chancen für einen Neuanfang sah. Vor allem der Bau von Konverterplattformen für die Offshore-Windenergie wurde als zukunftsweisendes Geschäftsfeld identifiziert, das neue Aufträge für die Werften generieren könnte.
Die Krise der FSG und Nobiskrug spiegelt die Herausforderungen wider, denen der Schiffbau-Standort Norddeutschland gegenübersteht. Trotz wiederholter Übernahmen und ambitionierter Pläne bleibt die Zukunft ungewiss. Für die Beschäftigten steht die Hoffnung im Vordergrund, dass die angekündigten Maßnahmen tatsächlich zu einer nachhaltigen Stabilisierung führen. Doch die kommenden Monate werden zeigen, ob die Werften langfristig überlebensfähig sind oder erneut in eine Schieflage geraten.
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