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Weniger Arbeitskämpfe im Busverkehr in Schleswig-Holstein
von Thomsen / Foerde.news
Flensburg - Die Tarifkonflikte im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) haben in der Vergangenheit und aktuell einen Umfang eingenommen wie in keiner anderen Branche.
Dies liegt zum einen daran, dass der ÖPNV in Schleswig-Holstein so massiv unterfinanziert ist wie in keinem anderen Bundesland und damit schnelle Einigungen ohne Streik fast nicht mehr möglich sind. Zum anderen führen die verschiedenen Tarifverträge mit unterschiedlichen Laufzeiten zu dieser starken Häufung.
Die Kundensicht wird hier leider vollständig vernachlässigt. Mehrmals jährlich werden die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein über den Verkehrsfunk und die Pressemedien über Streiks im ÖPNV informiert. Mal werden einzelne Unternehmen bestreikt, ein anderes Mal sind ganze Kreise mit dem Regionalverkehr betroffen oder in den Städten ruht der Verkehr.
Die Aktiv Bus Flensburg ist regelmäßig besonders häufig von den Streikmaßnahmen betroffen: Denn in Flensburg werden aktuell rd. 60 Prozent der Fahrplanleistung durch Mitarbeitende der Aktiv Bus erbracht, die unter den Tarifvertrag Nahverkehr des kommunalen Arbeitgeberverbandes (TVN-SH) fallen, und 40 Prozent der Betriebsleistung wird durch Unternehmen geleistet, die den Tarifvertrag des privaten Omnibusgewerbes des Omnibus Verband Nord (OVN) anwenden.
Wie absurd die Situation ist, wird klar, wenn man sich vor Augen hält, dass der jüngste bundesweite Abschluss für die vielen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie nach nur stundenweisen Warnstreiks beendet wurde. Im ÖPNV in Schleswig-Holstein dagegen standen in diesem Jahr bereits an mindestens 41 Tagen die Räder der Linienbusse streikbedingt und überwiegend ganztags still. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Ein Webfehler in den Verkehrsverträgen ist der angewendete Index zur Inflationsanpassung der Lohnkosten. Der Index der „Sonstigen Personenbeförderung im Landverkehr“ bildet die bundesweite Entwicklung der Lohnkosten im ÖPNV-nahen Bereich ab, allerdings steigt der Durchschnittslohn im ÖPNV in Schleswig-Holstein seit Jahren deutlich stärker - auf der Differenz bleiben in der Regel die Unternehmen sitzen. Dass die für den ÖPNV zuständigen Aufgabenträger in den Verwaltungen keine direkte Koppelung an die reale Lohnentwicklung wollen, ist allerdings nachvollziehbar. Diese Konstellation würde Arbeitgeber und Gewerkschaften einladen, Tarifverträge zu Lasten der Kommunen abzuschließen.
Runder Tisch könnte bei Lösung helfen
Eine Lösung könnte die Kopplung der Lohnentwicklung im ÖPNV in Schleswig-Holstein an die Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst sein. Dieser Tarifvertrag ist zum einen nur bedingt durch die Akteure vor Ort beeinflussbar und deckt auf der anderen Seite die vielen übrigen Bereiche der Daseinsfürsorge ab. Die Aufgabenträger dürften keine begründeten Vorbehalte haben, diese Lohnentwicklung in den Verkehrsverträgen zu berücksichtigen.
Paul Hemkentokrax (Foto: Thomsen) , Geschäftsführer der Aktiv Bus Flensburg betont: „Tarifautonomie und Koalitionsfreiheit sind tragende Eckpfeiler unserer Demokratie, sie sind unantastbar! Wir haben aber auch gemeinsam die Pflicht nach Lösungen zu suchen, die den ÖPNV als Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein wieder verlässlicher machen und gleichzeitig die Interessen der Unternehmen berücksichtigen“.
Eine Lösung könnte hierfür an einem runden Tisch gefunden werden, schlägt Paul Hemkentokrax vor: „Auch das Land Schleswig-Holstein muss ein Interesse an einem zuverlässigen ÖPNV haben. Ich habe deshalb unseren Verkehrsminister Herrn Claus Ruhe Madsen gebeten, zu solch einem Runden Tisch einzuladen. Dies kann unter Wahrung der Tarifautonomie und Koalitionsfreiheit geschehen“.
In Schleswig-Holstein gibt es derzeit drei unterschiedliche Tarifverträge, die für Busfahrerinnen und Busfahrer gelten. Neben dem Tarifvertrag Nahverkehr des kommunalen Arbeitgeberverbandes (TV-N SH / KAV) und des Tarifvertrages für die Beschäftigten des privaten Omnibusgewerbes des Omnibusverbandes Nord (OVN) ist dies der Eisenbahntarifvertrag des Arbeitgeberverbandes Deutscher Eisenbahnen (AGVDE).
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