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Jüdische Gemeinde reagiert auf antisemitisches Schild: „Erinnert an dunkelste Zeiten“

 |  von Thomsen / Foerde.news

Es gibt in Flensburg nur wenige jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger – dennoch sei die Wirkung des Schildes verheerend - Foto: Thomsen / KI

Flensburg – Ein DIN A4 Zettel im Schaufenster eines Geschäfts in der Duburger Straße sorgt bundesweit für Empörung. Auf dem Schild stand: „Juden haben hier Hausverbot – Nichts Persönliches. Kein Antisemitismus. Kann euch nur nicht ausstehen.“ Der Ladeninhaber, Hans Velten Reisch, rechtfertigte sich gegenüber der Presse mit „privatem Frust“ über die politische Lage im Nahen Osten. Die Polizei ordnete an, das Schild zu entfernen – der Staatsschutz ermittelt wegen des Verdachts auf Volksverhetzung.

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Die Jüdische Gemeinde Flensburg reagiert mit Entsetzen. „Wir fühlten uns erinnert an die Zeiten, in denen jüdische Geschäfte mit ‚Kauft nicht bei Juden‘ beschriftet wurden. Nur, dass es diesmal kein jüdisches Geschäft ist, sondern ein deutsches – sonderbar.“ Das teilte Elena Sokolovsky, Vorstandsvorsitzende der Gemeinde, auf Nachfrage von Förde.news mit.

„Grenze definitiv überschritten“

Für die Gemeinde ist klar: Mit dem Schild wurde eine rote Linie überschritten. Zwar gibt es in Flensburg nur wenige jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger – dennoch sei die Wirkung des Schildes verheerend. „Es ist eine sinnlose Aktion – kaum ein Jude wird sich in dieses Geschäft verirren, und wenn doch, würde er sich nicht zu erkennen geben.“

Zudem stellen sich viele die Frage, ob der Vorfall nicht bewusst provoziert wurde. „Vielleicht war es sogar als verkaufsfördernde Maßnahme gedacht. Bei mehreren Strafanzeigen dürfte das allerdings nach hinten losgegangen sein.“ so die Vorstandsvorsitzende weiter.

Stimmung in der Gemeinde: „Schwere Zeit“

Die Jüdische Gemeinde beschreibt die aktuelle Lage als belastend. „Grundsätzlich ist es eine schwere Zeit für uns. Propaganda, Falschmeldungen, Hass, Feindseligkeiten, Täter-Opfer-Umkehr – all das schlägt auf die Stimmung.“

Auf die Frage, ob ein Gespräch mit dem Ladeninhaber in Betracht gezogen werde, antwortet Sokolovsky deutlich: „Es gibt Menschen, die sind für kein Argument offen. Geprägt von feindseligen Beiträgen in sozialen Medien – leider auch in der Presse. Ein Gespräch mit dem Ladenbesitzer ist sinnlos – er hat doch klar gemacht, dass er uns sowieso nicht abkann.“

Reaktionen aus Politik und Gesellschaft

Die Reaktionen aus Politik und Stadtgesellschaft waren eindeutig: Die Grünen, die SPD, der Oberbürgermeister und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger verurteilten den Vorfall aufs Schärfste. Auch der Staatsschutz wurde eingeschaltet.

Sokolovsky betont, dass die Gemeinde sich von der Polizei und der Stadt ernst genommen fühlt: „Die Polizei ist der Sache sofort nachgegangen und hat uns kontinuierlich auf dem Laufenden gehalten. Dafür danken wir ihr ausdrücklich.“

Zudem sei die Gemeinde überwältigt von der Solidarität aus der Bevölkerung: „Wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten – aus der Gesellschaft, von politischen Parteien, von der Stadtverwaltung. Oft sind es die lauten und frechen Stimmen, die die Wahrnehmung prägen. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Wir erleben breite Unterstützung und echte Wertschätzung.“

Medienrummel: „Nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken“

Mit Blick auf die große mediale Aufmerksamkeit äußert sich die Gemeinde zurückhaltend: „Einerseits ist der Vorfall ein Einzelfall. Der Ladeninhaber provoziert gezielt. Deshalb sollte man ihm auch nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken.“

Doch für Elena Sokolovsky ist klar: Der Vorfall ist kein Einzelfall im gesellschaftlichen Gesamtbild. „Antisemitismus beginnt nicht erst mit Gewalt. Er beginnt mit Worten – und mit solchen Schildern.“