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ADFC: Radfahren in Flensburg – Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

 |  von Thomsen / Foerde.news

Der ADFC bemängelt eine schlechte Verkehrsführung vom Oberbürgermeister - Fotos: Thomsen

Flensburg – Baustellen in innerstädtischen Verkehrsräumen sorgen regelmäßig für Diskussionen – insbesondere, wenn Radwege betroffen sind. Ein tragischer Vorfall unterstreicht die Brisanz: Am 23. September wurde eine 44-jährige Radfahrerin im Stadtteil Adelbylund lebensgefährlich verletzt, als sie sich an einer engen Baustellenabsperrung zwischen Barken und Straße hindurchzwängte, ins Straucheln geriet und mit einem Lkw kollidierte. Der Unfall wirft erneut die Frage auf, wie sicher die Verkehrsführung an solchen Baustellen tatsächlich ist.

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Seit dieser Woche wird zudem auf der Friedrich-Ebert-Straße zwischen dem NDR-Gebäude und dem Deutschen Haus gebaut. Die rund 50 Meter lange Baustelle verengt den Verkehrsraum spürbar. Der ADFC kritisiert die Situation scharf: Der Zweirichtungsradweg sei mit nur 1,04 Metern Breite für die gemeinsame Nutzung von Radfahrern und Fußgängern schlichtweg zu schmal – eine „Gefahr für Leib und Leben“, heißt es. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) geht sogar noch weiter und nimmt Oberbürgermeister Fabian Geyer persönlich in die Verantwortung: Die Verwaltung vernachlässige systematisch die Sicherheit von Radfahrern, so der Vorwurf. Der ADFC fordert eine sofortige Überarbeitung der Baustellenplanung, mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse von Radfahrenden und eine konsequente Kontrolle der Verkehrsführung.

Doch wie konsequent ist diese Kritik wirklich?

Während der ADFC auf der Friedrich-Ebert-Straße klare Missstände anprangert, fällt auf, dass ähnliche Situationen an anderer Stelle weitgehend unbeachtet bleiben – etwa an der Schleswiger Straße, direkt bei der Bahnbrücke in Höhe Tegelbarg. Dort ist der Gehweg aufgrund einer Baustelle stark eingeschränkt, und dennoch nutzen zahlreiche Radfahrer den Fußweg, ohne abzusteigen. Förde.news beobachtete am Donnerstagmorgen binnen einer halben Stunde rund 20 Rad- und E-Rollerfahrer, die den schmalen Weg befuhren – ohne Rücksicht auf Fußgänger oder die Beschilderung. Nur eine einzige Frau stieg tatsächlich ab und schob ihr Rad ordnungsgemäß über den Engpass.

Ein weiteres Beispiel für fragwürdiges Verhalten zeigt sich täglich am Sandberg: Immer wieder fahren Radfahrer verbotenerweise die untere Schulze-Delitzsch-Straße sowie den Sandberg entgegen der Einbahnstraße bergab. Auf Nachfrage hört man fast stereotyp die Antwort: „Ich darf hier fahren.“ Tatsächlich jedoch ist dieser Abschnitt ab der Voigstraße durch ein Umleitungsschild für Fahrradfahrer gekennzeichnet, das eine andere Route, über die Schreiber Straße vorsieht – doch es wird regelmäßig ignoriert. Die Folge: immer wieder gefährliche Situationen mit entgegenkommenden Fahrzeugen und Fußgängern.

Und auch direkt vor unserer eigenen Haustür – in der oberen Angelburger Straße – bietet sich ein ähnlich absurdes Bild: Fast im Minutentakt werden Radfahrer dort zu Geisterfahrern. Statt den klar gekennzeichneten Radweg zu nutzen, der sogar durch sogenannte „Frankfurter Hütchen“ sicher von der Fahrbahn getrennt ist, fahren viele Radler im Gegenverkehr gemütlich die Straße hinauf – oder nutzen kurzerhand den Gehweg auf der gegenüberliegenden Seite. Besonders problematisch: Einige nutzen sogar den bergauf führenden Radweg entgegen der vorgesehenen Richtung – was insbesonders zu höchst gefährlichen Begegnungen führt.

Auch im Norden der Stadt zeigt sich das gleiche Muster: In der Werftstraße, hafenseitig, hängt ab der Straße „Am Nordertor“ ein offizielles Umleitungsschild in Fahrtrichtung Süden – gut sichtbar und unmissverständlich. Dennoch wird auch diese Verkehrsregelung von Radfahrern regelmäßig ignoriert. Viele fahren weiterhin ungebremst auf dem Gehweg weiter, obwohl die ausgeschilderte Umleitung eindeutig einen anderen Verlauf vorsieht.

Man fragt sich: Wo bleibt hier der Aufschrei des ADFC?

Die einseitige Empörung über bestimmte Baustellen lässt Zweifel an der Ausgewogenheit und Glaubwürdigkeit der Kritik aufkommen. Statt immer nur auf das vermeintliche Fehlverhalten der Stadtverwaltung zu zeigen, wäre es wünschenswert, wenn auch Verkehrsverbände wie der ADFC zur Eigenverantwortung mahnen würden – gerade in Zeiten, in denen Verkehrsräume zunehmend verdichtet und mehrfach genutzt werden müssen.

Unser Vorschlag: Ein bisschen mehr Rücksicht, ein bisschen weniger Rechthaberei. Wenn ein Radweg vorübergehend von Fußgängern mitbenutzt wird, ist es nicht zu viel verlangt, kurz abzusteigen und zu schieben – zum Schutz aller Beteiligten. Wer für mehr Sicherheit im Verkehr plädiert, sollte selbst mit gutem Beispiel vorangehen.