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1,3 Millionen Euro für Bildungskurse

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Schleswig - Zusammen mit der Anstaltsleiterin Antje Ott nahm BBZ-Geschäftsführerin Kisten Lemke vom Abteilungsleiter Tobias Berger die Förderung entgegen - Fotos: Thomsen

Bis zu 140 Gefangene im Alter von 14 bis 24 Jahren sind in der Jugendanstalt Schleswig in Haft. Sie sollen dort in erster Linie erkennen, welche Folgen ihre Taten für die Opfer haben, um künftig ein Leben ohne Straftaten zu führen. Die rund 100 Bediensteten und die Beschäftigten des Berufsbildungszentrums Schleswig (BBZ) begleiten sie auf diesem Weg. In vielen Kursen steht dabei die berufliche Bildung der Gefangenen im Vordergrund. Nun wird die Zusammenarbeit mit dem BBZ fortgesetzt: Insgesamt 85 Kurse werden mit den 1,3 Millionen Euro vom Land bis 2023 angeboten.

Gefangene auf den Arbeitsmarkt vorbereiten

Die Reintegration in die Gesellschaft, also die Vorbereitung auf ein Leben ohne Straftaten und in sozialer Verantwortung, braucht ein starkes Netzwerk – beginnend im Vollzug und mit viel Kraft auch nach der Haftentlassung", sagte der im Justizministerium zuständige Abteilungsleiter, Tobias Berger, in Schleswig. Dort überreichte er den entsprechenden Förderbescheid an BBZ-Geschäftsführerin Kisten Lemke.

So sagte die Anstaltsleiterin Antje Ott (Bild): "Gemäß § 2 JStVollzG dient der Vollzug „…dem Ziel, die Jugendstrafgefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen“. Nun könnte man die berechtigte Frage stellen, wie das hinter den Mauern gehen kann…ich möchte ganz kurz versuchen, unsere Tätigkeit und die aktuellen Entwicklungen zu skizzieren.
Wir haben ca. 120 Mitarbeitende und arbeiten darüber hinaus mit vielen externen Dienstleistern zusammen – unser größter und wichtiger Kooperationspartner ist das BBZ Schleswig. Als ich im Mai 2021 die Leitung der Anstalt übernahm, wusste ich erst einmal gar nicht genau, wer zum BBZ gehört und wer zum Vollzug – das zeigt aus meiner Sicht sehr eindrucksvoll, wie eng und vertrauensvoll wir hier zusammenarbeiten.
Alle Mitarbeitenden haben dieses - bereits im Gesetz formulierte - Ziel und alle Maßnahmen, die hier in der Jugendanstalt angeboten werden, sollen unsere jugendlichen und heranwachsenden Inhaftierten genau dahin begleiten. Verantwortung für sich und andere zu übernehmen und sich Verhaltensweisen anzueignen, um die Chance zu haben, ein straffreies Leben zu führen.
Der wichtigste Baustein, der dazu führen kann ist das Grundverständnis eines jeden Einzelnen für die Situation junger inhaftierter Menschen. Sie wahrzunehmen mit ihren Schwierigkeiten,
der Herkunft - meist aus defizitären, teilweise von Gewalt und/oder Entbehrungen geprägten Entwicklungsphasen – und sie zu begleiten…einmal unbeschadet die Haft zu überstehen, aber auch den Übergang aus der Haft in ein neues Leben ohne Straftaten möglich werden zu lassen. Dazu haben wir unterschiedliche Bildungs- und Werkstattbereiche (die wir Ihnen sehr gern nach Beendigung des offiziellen Teils der heutigen Veranstaltung auch noch zeigen) und viele Behandlungsmaßnahmen."

Weiter heißt es: "Ich sage immer: Die Behandlung fängt bereits bei der Aufnahme an. Wie trete ich dem Gefangenen gegenüber, wie nehme ich ihn wahr und im Weiteren – welche Möglichkeiten gibt es, hier ein anderes Leben zu führen als es „draußen“ der Fall war. Manche Gefangene erleben bei uns erstmalig einen strukturierten Tagesablauf, regelmäßiges Essen, Hygienemaßnahmen, Bildung und Beschäftigung. Wir haben hier unterschiedliche Vollzugsbereiche – alle jetzt vorzustellen, würde den Rahmen sprengen. Aber zu den neuesten Entwicklungen kann ich sagen, dass wir zu der bereits vorhandenen Binnendifferenzierung zusätzlich noch eine Sport-Wohngruppe errichten, in der Sport als Behandlungsmaßnahme intensiv eingesetzt werden wird. Hier sind Vernetzungen in Vereine außerhalb des Vollzuges, modulare Weiterbildungen zum Fitnesskaufmann, Zusatzqualifikationen wie Schiedsrichterausbildung light und grundlegende Wissensvermittlungen zur Gesundheits- und Ernährungsberatung vorgesehen.
Die Forderung, das „Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen“ wird aber auch mit der Einrichtung der umfänglicheren Nutzung der elis-Lernplattform mehr als deutlich umgesetzt. Eigentlich zeigt das Wort „Lernplattform“ gar nicht die unzähligen Möglichkeiten, die diese Digitalisierung im Vollzug bietet. Aber ich möchte nicht vorgreifen, Sie werden später selbst erleben können, was alles „hinter Gittern“ möglich ist. Ganz nebenbei wird die Möglichkeit der (bereits bei elis angelegten) psychodiagnostischen Testung nutzbar gemacht und erspart so unseren Mitarbeitenden im Psychologischen Dienst viel Arbeitszeit. Die jungen Inhaftierten können sich so an der ihnen besser bekannten Tastatur als mit einem Stift schwierigen Fragen nähern…"

Langjährige Zusammenarbeit mit dem BBZ

Die Jugendanstalt und das BBZ arbeiten bereits seit mehr als 20 Jahren zusammen. 17 seiner Angestellten sind für das aktuelle Kursprogramm zuständig. Zunächst analysieren sie die individuelle Ausgangslage der Gefangenen für einen passgenauen Bildungsplan, denn manche haben keinen Schulabschluss. Gerade für junge Gefangene bedeutet das einen Neustart von zuvor abgebrochenen Bildungswegen. Für die meisten steht die praxisorientierte Berufsvorbereitung im Vordergrund: Sie lernen in Lehrwerkstätten zum Beispiel die Grundlagen im Holz-, Garten- sowie Metallbau kennen. Abgerundet wird das Angebot mit Computer-Kursen, um den Gefangenen den Umgang mit digitalen Medien näherzubringen. Sie haben auch einen begrenzten Internetzugang, um sich zum Beispiel über freie Ausbildungs- und Arbeitsstellen zu informieren.

Ähnliche Projekte in Justizvollzugsanstalten

Erst am Montag hatte das Land ein Resozialisierungs-Projekt an den Justizvollzugsstandorten Neumünster, Kiel und Lübeck unterstützt. Dort wird mit 1,8 Millionen Euro ein Bildungsangebot für Gefangene geschaffen, die dann zum Beispiel ihren Schulabschluss nachholen oder eine handwerkliche Berufsausbildung absolvieren können.

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